Incubus Leben in einer Welt von Superkraft-Nutzern-Chapter 197: Sie sind hier

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Chapter 197: Sie sind hier

Er kam nicht zurück.

Es gab keinen Schrei. Keinen Ruf. Überhaupt kein Geräusch.

Zurück auf der Lichtung verstrichen die Sekunden. Dann eine Minute. Jemand sah sich um.

"Wo ist Coren?" fragte eine Stimme, leise und unsicher.

Köpfe drehten sich. Keine Antwort.

Der Diakon hörte nicht auf zu singen. Aber seine Stimme veränderte sich. Nur ein wenig. Langsamer. Tiefer. Wie er hatte auch er die Veränderung gespürt.

Der Boden unter dem Altar pulsierte erneut.

Einer der Stäbe sprühte Funken – ein kleines Aufleuchten. Der Kultist, der ihn hielt, zuckte leicht zusammen, überrascht.

Dann, in weiter Ferne, stoben Vögel aus den Bäumen. Dutzende, vielleicht Hunderte von ihnen, die in alle Richtungen flohen. Ihre Flügel schlugen panisch, aber nichts folgte ihnen.

Der Wald kehrte zur Stille zurück.

Die Kultisten hörten nicht auf.

Sie konnten nicht aufhören.

Aber jetzt hatten viele von ihnen begonnen, seitwärts zu blicken.

Mehr Stäbe begannen zu summen.

Die Erde zu ihren Füßen riss auf.

Noch immer kein Zeichen von Coren.

Und ganz hinten im Kreis blickte der nervöse junge Kultist in die Bäume.

Er war sich jetzt sicher.

Etwas beobachtete sie.

Er wusste nicht, was es war.

Aber eines wusste er mit Sicherheit.

Es hatte Augen.

Eine weitere Minute verging.

Jemand anderes trat vor, ein Mitglied mittleren Ranges aus dem äußeren Kreis – einer der Wächter.

Er blickte zum Waldrand und dann zurück zu den anderen, sein Gesicht angespannt. "Ich werde nach ihm sehen."

Niemand hielt ihn auf.

Der Gesang ging weiter, aber der Rhythmus war leicht gebrochen, mit kleinen Verzögerungen zwischen den Silben, sanften Brüchen im Timing.

Niemand wagte es, vollständig aufzuhören, aber niemand konnte die Spannung mehr ignorieren.

Der Kultist verschwand zwischen den Bäumen.

Sein Rücken verblasste zwischen den Stämmen, dann seine Schultern, dann sein Kopf.

Der Wald verschluckte ihn.

Die Stille vertiefte sich.

Sekunden vergingen.

Dann dreißig.

Dann sechzig.

Nichts.

Kein Laut. Kein Fußtritt. Kein Vogel. Nicht einmal Wind.

Nur Stille.

Dann geschah es.

Eine der äußeren Kultistinnen, eine Frau mit dunklen Augen und rasiertem Schädel, zuckte mitten im Gesang zusammen. Sie stolperte.

Die anderen drehten sich um.

Sie lag bereits am Boden.

Kein Schrei. Keine Warnung. Einen Moment stand sie noch. Im nächsten lag sie mit dem Gesicht nach unten im Schmutz, die Glieder schlaff.

Jemand eilte zu ihr, ließ den Gesang völlig fallen. Drehte sie um.

Augen weit geöffnet. Ohne zu blinzeln.

Der Hals seitlich abgeknickt.

Mund leicht geöffnet.

Kein Blut. Keine Spuren.

Einfach weg.

"Diakon—!"

Der ältere Mann im Zentrum des Rituals drehte sich nicht um. Aber seine Stimme wurde wieder langsamer. Das Tempo sank noch mehr. Seine Schultern krümmten sich ein wenig.

Als wäre selbst er ein wenig ratlos und wüsste nicht, was zu tun sei, da er diesen Prozess nicht wirklich stoppen konnte, da das sein Leben gefährden würde, was er niemals zulassen würde.

"Unterbrecht den Gesang nicht," sagte er. "Nicht, wenn ihr nicht Schlimmeres wollt."

Aber er war bereits unterbrochen.

Der Rhythmus war gebrochen.

Die Stille des Waldes hatte sich verändert.

Vorher war sie schwer. Drückend. Wartend.

Jetzt war sie scharf. Dünn. Als hätte sie Zähne.

Zwei Wächter traten vor, Äxte erhoben, Augen den Waldrand absuchend. Einer machte einen langsamen Kreis, versuchte zu erfassen, woher der Angriff gekommen war.

Sie kamen nicht weit.

Einer machte einen Schritt – und fiel.

Kein Schrei. Einfach gefallen.

Der andere drehte sich rechtzeitig, um etwas vorbeihuschen zu sehen. Es war keine Form. Es war keine Person. Nur Bewegung. Nur Geschwindigkeit.

Er schwang seine Axt in panischer Breite.

Aber da war nichts.

Er wich zurück, atmete schwer, die Schultern zuckend. Die Axt zitterte in seinen Händen.

Dann zuckte er einmal – und fiel.

Genauso wie der erste.

Hals verdreht.

Kein Blut.

Kein Hinweis.

Die Kultisten erstarrten.

Der Gesang war jetzt völlig auseinandergefallen.

Der Diakon machte weiter. Allein.

Aber selbst seine Stimme hatte begonnen zu stocken.

Einige Kultisten bewegten sich näher zum Altar, hofften auf Sicherheit in der Nähe. Andere wichen zurück, die Augen huschten zum Wald.

"Was ist das?" fragte jemand.

Niemand antwortete.

Der nervöse junge Kultist sah sich wieder um. Seine Augen waren weit aufgerissen. Er umklammerte seinen Stab, als wäre es das Einzige, was ihn aufrecht hielt.

"Sie sind in den Bäumen," sagte er. "Sie sind in den Bäumen und beobachten uns."

"Wer?"

"Ich weiß es nicht."

Dann verschwand ein weiterer Kultist.

Direkt vor ihnen.

Er hatte gerade begonnen, zum Rand der Lichtung zu gehen, als etwas ihn zurückzog.

Kein Geräusch.

Kein Aufblitzen.

Ein Schritt – und dann weg.

Jemand schrie.

Eine andere Kultistin rannte zum Waldrand gegenüber der Angriffe. Sie schaffte keine zwei Schritte, bevor sie fiel. Brust nach unten. Starrende Augen. Ihr Stab rollte aus ihrer Hand.

Zwei weitere fielen in schneller Folge. Einer versuchte einen Zauber zu wirken. Ein anderer errichtete eine Schutzbarriere.

Keiner vollendete.

Die Waldschatten verdichteten sich. Es war keine Magie. Nur Grauen.

Hinter den Bäumen bewegte sich wieder etwas.

Diesmal mehr als eine Sache.

Der nervöse junge Kultist zeigte zitternd darauf. "Ich habe sie gesehen. Dort. Zwischen den Stämmen. Sie bewegen sich."

Ein anderer Kultist folgte seinem Blick.

Gerade genug Licht flackerte an einem Ast vorbei, um einen Schimmer einzufangen – wie ein Paar Augen. Tief am Boden. Dann ein weiteres Aufblitzen. Höher oben. Drei, vier, vielleicht mehr.

Schnell.

Zu schnell.

Niemand sah ihre Gesichter.

Niemand sah ihre Formen.

Nur Schimmer.

Karmesinrote Blitze. Wie Metall oder Mondlicht auf Klingen.

Dann wieder Stille.

Ein weiterer Tod.

Ein weiterer Fall.

Die Stimme des Diakons brach schließlich.

Er hörte auf zu singen.

Das Ritual brach zusammen.

Mit einem Mal brach Panik aus.

"Lauft!"

"Zerstreut euch!"

"Schützt die Steinplatte!"

"Ruft die anderen!"

Die Lichtung versank im Chaos.

Kultisten griffen nach allem, was sie fassen konnten – Stäbe, Klingen, Schriftrollen. Sie wussten nicht, wohin sie laufen sollten. Jeder Baum könnte etwas verbergen. Jeder Busch ein Schatten.

Die Luft fühlte sich jetzt falsch an. Schwer und scharf zugleich.

Es war kein Biest. Es war nicht einmal ein Monster.

Was auch immer gekommen war... atmete nicht wie Tiere.

Tötete nicht wie Raubtiere.

Bewegte sich nicht wie Menschen.

Sie hinterließen keine Fußabdrücke. Sie hinterließen keine Geräusche.

Sie verfehlten nie.

Der nervöse junge Kultist fiel auf die Knie und umklammerte seinen Stab.

Er sah ein letztes Flackern.

Ein Schimmern zwischen Stämmen.

Zu groß. Zu gerade. Eine Silhouette ohne Kanten.

Und zwei Augen.

Karmesinrot.

Schwach glühend.

Er öffnete den Mund, um zu schreien—

Aber nichts kam heraus.